Individuell oder standardisiert?

Wir werden oft gefragt, was eigentlich genau der Unterschied zwischen individuellen Angeboten und standardisierten Produkten ist. Hin und wieder kommst Du vielleicht ins Schleudern: In welchem Modus arbeitest ich eigentlich?

In diesem Artikel geht es um:

  • Was sind individuelle Angebote?
  • Was sind standardisierte Angebote?
  • Vorteile- und Nachteile von beiden
  • Wann verdienst Du mit wem mehr Geld?
  • Wie mischt Du beides?

 

Individuell oder standardisiert?

Ein Kennzeichen von Smarten Konzepten ist, dass sie oft mit standardisierten Produkten arbeiten. Klassische Selbstständigkeiten dagegen eher mit individuellen Aufträgen.

Was versteht man aber eigentlich unter beidem?

Ist ein Coaching zum Beispiel individuell?

  • Du gehst ja individuell auf Deinen Coachée ein.

Oder ist das ein standardisiertes Produkt?

  • Wenn Du z.B. eine Coaching-Session zu einem Festpreis (standardisiert) verkaufst?

Gleich vorweg

Standardisiert bedeutet nicht, dass Du gar nicht mehr individuell auf Kunden eingehst (wie Du das in einer Beratung oder einem Coaching tun wirst).

Der Unterschied liegt an einer anderen Stelle. Es geht darum, wie ein Auftrag genau abläuft und wie „vorgefertigt“ die gebuchte Leistung ist.

Wir unterscheiden:

  • Standardisierte Produkte,
    die sich beliebig skalieren (replizieren) lassen.
  • Standardisierte Produkte,
    die sich wiederholen lassen, aber nur begrenzt skalieren.
  • Individuelle Angebote,
    die sich kein einziges Mal wiederholen lassen.

Übrigens:

Wenn Du mit dem Wort „Produkt“ oder „Angebot“ nicht klar kommst. Setze einfach das für Dich passende ein. Zum Beispiel:

  • Standardisierte Services
  • Individuelle Services
  • Standardisierte Erlebnisse
  • Individuelle Erlebnisse
  • Standardisierte Sortimente (bei einem Händler)
  • Individuelle Sortimente (gibt es extrem selten)
  • etc.

 

Fangen wir bei der ersten Art an


Standardisierte Produkte, die sich beliebig skalieren lassen

Ein solches Produkt lässt sich in unbegrenzter Zahl parallel viele Male verkaufen.

Beispiel: Ein Fachbuch

Ein normales Fachbuch ist ein 100% standardisiertes Produkt und hat keine individuellen Varianten.

  • Es gibt ein Buch zu einem Preis
  • Es wird immer gleich verkauft
  • Alle kaufen das gleiche Buch
  • Es hat eine feste Seitenzahl
  • Es hat immer die gleichen Inhalte

Dieses Buch kann durchaus differenzierte Sichtweisen haben, also auf verschiedene Herausforderungen und Frage-Stellungen eingehen. Aber als Produkt ist es 100% standardisiert und nicht individuell.

Vorteil eines solchen Produktes

  • Es ist in hoher Anzahl replizierbar
  • Es kann zeitgleich an verschiedene Kunden verkauft werden
  • Du musst nicht anwesend sein, wenn jemand das Buch liest

Nachteil eines solchen Produktes

Weil es replizierbar ist, kannst Du in der Regel keinen sehr hohen Preis für ein solches Produkt verlangen.

Vorsicht

Technisch sind solche Produkte vielleicht unbegrenzt skalierbar. Du könntest ein Buch hunderttausend Male drucken lassen. Der Engpass sind die Käufer. Nur weil Du etwas unbegrenzt duplizieren kannst, bedeutet es nicht, dass es wirklich oft verkauft wird.

 

Kommen wir zur zweiten Art


Standardisierte Produkte, die sich wiederholen lassen, aber nur begrenzt skalieren

Beispiel: Einen standardisierten Beratungsprozess oder ein Gruppen-Coaching

In beiden Fällen kannst Du dies durchaus standardisieren. Zumindest die Ablaufschritte.

Du kannst aber nicht zeitgleich an zwei Orten sein. Daher kannst Du z.B. nur eine Firma beraten, wenn Du live vor Ort berätst. Oder Du kannst in eine Coaching-Gruppe nur 20 Personen hineinlassen, weil Dein Gruppenraum nicht mehr zulässt.

Vorteil

Solche standardisierten Angebote helfen Dir, smart zu arbeiten. Productized Consulting, Productized Services und viele Trainings und Coachings fallen hier darunter und sie können hohe Preise erzielen.

Nachteil

Sie sind nicht unbegrenzt skalierbar. Aber wie oben schon geschrieben ist das oft nur ein theoretischer Nachteil. Es ist besser 10 Gruppen mit 10 Teilnehmern á 4.000 € zu verkaufen (= 400.000 €) als 1.000 Bücher zum Preis von 24 € ( = 24.000 €).

Unterscheide Standard-Ablauf und Standard-Inhalt

In vielen Angeboten der zweiten Art ist individuelle inhaltliche Arbeit involviert.

  • Du kannst in einer Beratung nicht bei unterschiedlichen Kunden jedes Mal exakt das Gleiche sagen.
  • Auch bei einem 90-min-Einzel-Coaching würde es keiner akzeptieren, wenn der Coach die ganze Zeit aus seinem Buch vorlesen würde. In einem 1:1-Coaching ist eine hohe Individualität (im Gespräch mit dem Coacheé) der Kern des Angebotes.

Damit mischt sich hier quasi ein standardisierbares Angebot mit einer individuellen Leistung.

Trotzdem können gerade Coachings, Beratungen und Trainings als Angebot in einem hohen Maße standardisiert werden.

Möglichkeiten:

  • 1 Coaching hat einen festen Umfang
    Zeit und Anzahl der Termine
  • Es wird zu einem Festpreis gebucht
    Oft Bezahlung vor dem Coaching
  • Es gibt einen standardisierten Ablauf
    Was passiert wie?
  • Es gibt eine bewährte, standardisierte Vorgehensweise des Coaches
    Das kann eine Methode oder eine Framework sein

Je mehr Begleitmaterial und standardisierten Hilfen dazukommen, um so eher wird daraus ein Programm, das nicht nur aus der 1:1-Arbeit besteht.

 

Kommen wir zur dritten Art


Individuelle Angebote, die sich kein einziges Mal wiederholen lassen

Inwiefern kann der Kunde bestimmen, was wann wie passiert?

Woran macht es sich aber nun fest, wann ein Angebot individuell und wann es standardisiert ist?

Es ist ein Gemisch daraus, wie individuell die Inhalte und der Ablauf auf den Einzelnen eingehen. Dabei kann aber durchaus standardisiert, individuell auf Menschen eingegangen werden. Das ist nicht das Kriterium.

Der ausschlaggebende Punkt ist, inwieweit der Ablauf des Prozesses und die Auslieferung des Produktes vom Kunden VOR Auftragsvergabe (oder Buchung) geplant und noch verändert werden kann.

Beispiel: Ein Hausbau

Gehen wir das zur Deutlichkeit einmal bei einem Hausbau durch.

  • Ein Paar möchte ein Haus gebaut haben.
  • Nun gibt es zwei sehr unterschiedliche Wege, wie dieses Haus entsteht.

Und die erste Art gehört zur dritten Gattung:

  • Es ist ein individuelles Angebot, das sich kein einziges Mal wiederholen lässt.

Klassischer individueller Architekten-Auftrag

Hier kann der Kunde stark bestimmen, was wann wie passiert

  • Etwas wird einmal bestellt und individuell begleitet.
  • Der Kunde lenkt dabei den Auftrag.
  • Der Experte führt aus.

Bei einer klassischen Beauftragung vergibt das Paar einen einmalige individuellen Auftrag an einen Architekten.

  • Es gibt Vorgespräche.
  • Der Architekt fragt Vorstellungen und das Budget ab.
  • Er macht erste Skizzen.
  • Es gibt ein Hin und Her von Abstimmungen.
  • Es gibt eine erste Kosteneinschätzung.
  • Es gibt weitere Abstimmungen.
  • Am Ende steht eine Bauplanung mit einem verbindlichen Angebot.
  • Der Architekt begleitet evtl. persönlich und individuell das Bauvorhaben.

Dann wird das individuell geplante Haus gebaut. Dieses Haus wird exakt so an keiner anderen Stelle noch einmal gebaut werden.

Das Besondere

Bis zur Ausführung ist die Planung hier stark änderbar. Das passiert auch. Der Weg zum Haus ist bei jedem Kunden des Architekten etwas verschieden (= individuell). Es entsteht ein Unikat und auch der Weg zum Unikat ist einmalig.

Vorteil

Dieses Haus ist wirklich bis in die letzte Ecke individuell planbar.

Nachteil

Es braucht viele Abstimmungen und ist in der Regel teuer.

P.S.

[ Es geht nicht darum, dass jeder Experte natürlich auf standardisierte Dinge zurückgreift. Der Architekt erfindet zum Beispiel keine Baunormen oder Bauteile (wie Fenster) neu. Aber darum geht es hier nicht. Professionelles Wissen und der Einsatz von professionellen Mitteln ist noch nicht in sich eine Standardisierung des Ablaufes. ]

Sehen wir uns nun die standardisierte Variante an


Standardisiertes Fertighaus

Hier kann der Kunde nur begrenzt bestimmen, was passiert

Ein ganz anderer Weg ist es, bei einer Fertighaus-Firma ein Haus zu bestellen. Dieses Haus ist wie ein Produkt.

  • Dort wählt das Paar aus einer Palette möglicher Haustypen aus.
  • Jeder Haustyp ist ein in sich geschlossenes Produkt. Und hat oft auch einen Typ-Namen.
  • Pro Haustyp gibt es einige mögliche Varianten.
  • In einigen wenigen Vorgesprächen wird erklärt, was beim Haus ohnehin dabei ist.
  • Dann wird gezielt an einigen Stellen gefragt, wie die Ausführung gewünscht ist.
  • Es gibt also einen Standard, der begrenzt konfiguriert werden kann.

In beiden Fällen steht am Ende ein Haus, in das jemand einziehen kann. Der Weg zum Ergebnis ist aber unterschiedlich.

 

Damit sind wir bei Dir

Designst Du schon Deine Prozesse?

Deine Fähigkeit, einen Prozess in Deinem Geschäftskonzept wie bei einem „Fertighaus“ zu standardisieren, ist der Eintritt zu einem standardisierten Produkt.

Und löse Dich einmal von dem Vorurteil, dass eine wiederholbare Leistung minderwertig sein muss. Niemand würde Taylor Swift vorwerfen, dass sie minderwertige Konzerte geben würde, nur weil sie diese wiederholt und viele Tickets parallel verkauft. Auch Fertighaus-Angebote gibt es in jeder Geschmacks-Liga.

Standardisieren hat 2 Optionen

Kannst Du etwas so wiederholen, dass es günstiger wird und sich daher häufiger verkauft?

  • Das ist der Weg der Mengenauflage.

Oder kannst Du etwas wiederholbar machen, das zugleich teuer ist?

  • Das ist der Weg der Premium-Produkte.

Das sind die beiden Schlüsselfragen auf dem Weg zu einem smartisierten Business Concept.


Stellen wir noch einmal standardisiert und individuell nebeneinander:

Standardisiert

  • Der Kunde kann Umfang und Ablauf nicht (oder kaum) bestimmen.
  • Es gibt eine Version oder wenige Varianten.
  • Es gibt vorgegebene Termine (wenn es Termine gibt)
  • Das Produkt oder Angebot wird gebucht und dabei bezahlt.
  • Die Rechnung wird damit standardisiert (nicht zwingend automatisiert) erstellt.
  • Bezahlt wird also in der Regel VOR der Auslieferung oder Leistungserbringung.
  • So kannst Du Dein Produkt / Angebot viele Male hintereinander oder parallel verkaufen.

Individuell

Individuell sieht das anders aus:

  • Der Kunde kann Umfang und Ablauf stark mitbestimmen.
  • Er gibt den Ablauf hin und wieder sogar vor.
  • Die Leistung oder das Ergebnis ist nur einmal (in dem bestellten Fall) anwendbar.
  • Es gibt individuelle Termine (wenn es Termine gibt).
  • Diese Termine werden in Abstimmung mit dem Kunden gesetzt.
  • Du stellst vor der Leistungserbringung oder Lieferung ein individuelles Angebot (es gilt nur für denjenigen, dem Du es anbietest).
  • Jeder Auftrag wird NACH Leistungserbringung oder Lieferung individuell abgerechnet. Nach Angebot oder Aufwand.
  • So kannst Du nur eine bestimmte Anzahl von Aufträgen in einem Jahr bearbeiten / liefern.

Wo verdienst Du mehr Geld?

Wir raten immer wieder zu klaren Produkten. Ein Produkt ist immer zum einem gewissen Grad standardisiert, hat eine wiedererkennbare Form (bzw. Gattung), einen Namen und einen Preis.

Also musst Du Deine Produkte zwingend hochgradig standardisieren?

  • Nein, nicht zwingend.
  • Das hat mit 3 Faktoren zu tun.

A – Welchen Preis kannst Du mit welcher Form Deiner Arbeit erzielen?

Nehmen wir an, Du könntest nur zwei Dinge:

  • Talentiert extrem hochpreisig individuell beraten.
  • Untalentiert mittelmäßige Bücher schreiben.

In diesem Falle nimmst Du natürlich die individuelle Variante. Meist kannst Du aber verschiedene Dinge ähnlich gut. Dann ist es eine taktische Frage, was Du willst. Dann wirst Du in der Regel durch Standardisierung weiter kommen.

B – In welchem Modus bekommst Du leichter die Kunden?

Es gibt Themenfelder, da wollen Menschen individuelle Lösungen. Es gibt andere Themen, da sind standardisierte Lösungen einfach besser. Was zieht in Deinem Falle die Kunden mehr an?

C – Hast Du einen Hebel, um zu skalieren?

Ein standardisiertes Produkt, das hochpreisig mit hohem Preis skaliert wird – davon träumen alle. Du brauchst dafür aber eine Systematik, wie Du das wirklich leisten kannst. Das ist eine unternehmerische Aufgabe. Smarte Konzepte können so aufgebaut sein, wenn Du einen Hebel kennst, der zur Skalierung führt.

Kannst Du eigentlich Standards und individuelle Dinge mischen?

Ja, das geht.

Und häufig bekommst Du mit solchen Angeboten einen guten Preis-Leistung-Mix hin und wirst damit durchsetzungsstark. Deswegen ist die Frage nach einer standardisierten oder individualisierten Leistung die Frage nach Deiner Fähigkeit, diese beiden Pole gut zu mischen.

Um zu mischen, solltest Du Dich mit Produkt-Gattungen auskennen und dann das Produkt-Design so auslegen, dass standardisierte Einheiten mit individuellen Dingen abwechseln. Wie stark die Mischung ist, hängt von Dir ab.

Hier zwei Richtungen, wie Du ein bestehend einseitiges Muster aufbrechen kannst.

Standardisieren

Sagen wir einmal, ein Service-Anbieter hätte bisher das folgende Service-Design:

  • Start
    (Auftrag beginnt mit Angebot)
  • Leistung A – individuell
  • Leistung B – individuell
  • Leistung C – individuell
  • Ende und Abrechnung

A, B und C wären alles individuelle Leistungen, die nur der Experte selbst erbringen kann. Dann kann er nur begrenzt skalieren.

Wenn er es jetzt schafft, bestimmte Etappen im Produkt zu standardisieren und „aus der Hand“ zu geben, gibt es ein anderes Produkt-Design.

  • Start
    (Auftrag beginnt + Buchung Festpreis)
  • Leistung A – standardisiert
  • Leistung B – individuell
  • Leistung C – standardisiert
  • Ende

Hier wäre der Anteil der individuellen Leistung nur noch B. Der reine „Handwerker“ hat sich gerade smarter aufgestellt.

Individualisieren

Es kann aber auch anders herum gedacht werden. Du nimmst an einem Punkt das Standard-Element heraus und setzt dafür ein indviduelles Element.

Du hast ein reines standardisiertes Inhalts-Produkt. Zum Beispiel einen Online-Kurs.

  • Experten-Produkt
    (Buchung mit Festpreis)
  • Inhalt A
  • Inhalt B
  • Inhalt C

Hier kannst Du den Preis heben, indem Du einen individuellen Baustein einbettest oder parallel mit anbietest.

  • Experten-Produkt
    (Buchung mit Festpreis)
  • Inhalt A
  • Leistung B individuell
  • Inhalt C

Dieses Produkt wäre in der Regel teurer als das zuvor genannte, rein standardisierte.

Oft wird das auch im Wechsel getan:

  • Inhalt A – zur Vorbereitung standardisiert
  • Leistung A – individuell
  • Inhalt B – zur Vorbereitung standardisiert
  • Leistung B – individuell
  • etc.

 

Fazit

Achte mehr auf Dein Produkt-Design

Wir raten nicht, pauschal alles zu standardisieren. Wir ermutigen Dich aber, genau hinzusehen:

  • Was kannst Du standardisieren?
  • Was ist wiederholbar, ohne dass Du dabei bist?
  • Was ist nur wiederholbar mit Deiner Anwesenheit?
  • Wo gewinnt Dein Angebot durch individuelle Möglichkeiten?
  • Wo rechnet es sich nicht, individuell Dinge anzupassen?

Natürlich ist die Produkt-Treppe® auch in diesem Fall eine Organisations-Hilfe.

Die Faustformel lautet

Die unteren Stufen sind meist stark standardisiert. Zum Teil ganz ohne eine Individualisierung. Je weiter Du Dich Deinem Superuser-Angebot näherst, um so mehr individuelle Anpassung an den Kunden ist möglich (wenn dies gut bezahlt wird).

 

 

 

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