Was ist die richtige Balance zwischen klein und groß?
Teil 4 – Interview mit Toby Ruckert
Toby, Du bist mit Deinen Ideen gewachsen. Von ersten kleinen Versuchen bis hin zu www.unifiedinbox.com. Was ist in Deinen Augen die richtige Größe zu Beginn?
Es wird häufig von „the next big thing“ gesprochen. Wir bei Smart Business Concepts raten eher dazu, die Größe zu finden, die zu einem persönlich passt. Wie würdest Du die richtige Größe einer Idee „auszirkeln“?
Das ist schwierig, denn mit jeder Idee wächst man ja auch und keiner weiß wirklich, wie groß oder klein eine Idee letztlich sein wird. Twitter ist ein gutes Beispiel – was mit einer vereinfachten Organisation bzw. indirekter Kommunikation von Skype Status Updates angefangen hatte, ist heute de-facto ein neuer Kommunikationskanal und das am schnellsten wachsende Medienunternehmen weltweit.
Ideen entwickeln sich also weiter und was heute gut zu mir gepasst hat, mag morgen schon nicht mehr der Fall sein. Das gute alte „Innovators Dilemma“ (siehe http://www.claytonchristensen.com/) ist hierbei ebenfalls nicht zu unterschätzen.
Ich finde es daher wichtig, über die Bedeutung und den tatsächlichen Nutzen einer Idee nachzudenken und dabei zu versuchen, seiner Zeit gerade weit genug voraus zu sein. Wenn man sich diese Fragen ernsthaft und früh genug stellt, und diese gut beantworten kann, dann hilft es die langfristig nötige Begeisterung und Leidenschaft zur Verfügung zu haben, wenn einem gerade die Puste ausgeht und man sich selbst entsprechend weiterentwickeln muss.
Du sagst also, dass man seiner Zeit zu weit voraus sein kann?
Absolut. Mir selbst ist dies mindestens zweimal passiert. Einmal zwischen 2003 und 2007 mit meinem „PuzzleCommerce“ Projekt. Die Idee hierbei war, ein web-basiertes System zu schaffen, was einen Online-Shop mit ERP, CRM usw. in einem System vereint, d.h. eine Art SAP-Lösung in der Cloud, zugeschnitten auf die individuellen Bedürfnisse im E-Commerce Bereich, insbesondere für kleine- und mittelständische Unternehmen.
Langer Rede, kurzer Sinn: 2003 wollte das keiner (die meisten wollten Client-Server-Lösungen haben) und 2007 war unsere Technologie (leider) bereits zu alt. Dennoch hatten wir ein absolut geniales System entwickelt, so gut, dass ich bis heute nichts vergleichbares finden konnte.
2008-2010 erging es mir dann mit dem quasi Vorgänger von Unified Inbox ähnlich. Unser Fokus lag auf der Verbesserung von E-Mail, was heute definitiv als Problem erkannt ist, damals aber noch nicht als solches empfunden wurde und Investoren z.B. v.a. in Soziale Netzwerke investieren wollten. E-Mail war langweilig, ist es aber heute nicht mehr.
Ich glaube, dass jeder Unternehmer seiner Zeit voraus sein muss, sonst kann man keine „Disruptions“ und nur eingeschränkte Innovationen schaffen. Wenn man aber zu weit voraus ist, dann findet man keinen (oder nur einen sehr, sehr kleinen) Product-Market Fit und das Produkt / der Service lässt sich einfach nicht verkaufen.
Dieses Problem betrifft selbstverständlich auch große Firmen, so hat dies z.B. Google mit „Wave“ erfahren. Deren Vorteil ist aber, dass sie bessere Marktstudien zur Hand haben und auch verschiedene Möglichkeiten besitzen, ein Marktempfinden (d.h. wann die Zeit für etwas reif ist) entsprechend mitzugestalten oder gar zu beeinflussen, denn sie bedienen ja bereits eine größere Menschengruppe mit bestehenden Produkten & Services.
Wie findest Du Deine Ideen?
Für mich kann ich sagen: Ideen finden mich und die, die passen, bleiben automatisch hängen, die anderen prallen ohnehin ab. Auszirkeln übernimmt das Leben und das Ego eines jeden einzelnen. Wichtig ist, dass man die Bedeutung einer Idee für einen selbst gut einschätzen kann.
Toby Ruckert
In der nächsten Folge fragen wir Toby Ruckert nach der richtigen Balance zwischen Arbeits- und Auszeit.
Die anderen Teile des Interviews
Teil 1 des Interviews – Warum Balance so wichtig ist und wie man Anti-Balance-Fallen umgeht
Teil 2 des Interviews – Über Lieblings-Ideen und das Warum hinter einer Idee
Teil 3 des Interviews – Wie ist die Balance zwischen global und local?
Teil 5 des Interviews – Was ist die richtige Balance zwischen Arbeit und Auszeit?